crowd & art – Kunst durch massenweise Nicht-Künstler oder die Qualität der Masse?
Aufbauend auf Thesen von H.G. Wells , eines Science-Fiction Pioniers, der im Jahr 1938 bereits vom World Brain sprach, also von einer Ansammlung von Einzelwissen zu einem kollektivem Wissen , sowie basierend auch auf Veröffentlichungen von Paul Otlet 1934, der die Vision eines Weltwissens-Netzes für alle hatte und ein Archiv des Weltwissens schaffen wollte zur Sicherung des Friedens , vertreten heute Internet Pioniere, Crowd Intelligence- sowie Cloud Computing Anhänger wie David Sasaki die These, dass kollektives Wissen über das Internet ungeahnte Möglichkeiten verspricht.
Wissend, dass hinter dem Netzwerk all unserer Rechner immer reale Menschen sitzen, die diese Informationen auf die Server der Welt einspeisen, und wissend, dass das Kontroll- bzw. Selbstregulationssystem Internet mehr oder weniger funktioniert (siehe Wikipedia), frage ich mich, wie sich dies auf den Arbeitsprozess im Internet umlegen lässt. Crowdsourcing-Plattformen wie Mechanical Turk leben davon, dass Arbeiten online erledigt werden können. Vorwiegend handelt es sich um Übersetzungen, grafische Gestaltungen, Bildbeschreibungen, Ideenfindungen, Codierungen und Decodierungen. Das Internet lebt davon, dass Beiträge von verschiedenen Personen erarbeitet werden können. Börsen und Plattformen wie Mechanical Turk, Innocentive oder viele andere mehr funktionieren aufgrund ihrer marktwirtschaftlichen Ausrichtung und fungieren als Marketingtool. Die ArbeiterInnen sind mehr oder weniger qualifiziert und der Auftraggeber kann aus einer Menge an geleisteten Arbeiten seine gewünschte Qualität wählen.
Die Frage drängt sich auf: Arbeitsergebnisse durch massenweise „Nicht- oder Fast Profis“? Und wenn man die Frage auf künstlerische Prozesse umlegt: Kunst durch massenweise „Nicht-Künstler“? (Ich habe hier explizit den Terminus des Amateurs weggelassen, da ich annehme, dass die Mehrheit der am Kunstwerk online beteiligten Personen sich nicht als Amateur-Künstler oder gar Künstler bezeichnen will.)
Oder existiert eine Qualität eines Kollektivs?
Welchen Beitrag kann Kunst mittels Beteiligung durch »die Anderen« in einer vernetzten Realität leisten und was hat dies mit Wissen oder Nicht-Wissen zu tun? An der Schnittstelle von Kunsttheorie, Kulturwissenschaft, Medienwissenschaft und Technologiegeschichte untersucht Manuela Naveau das Wesen von partizipativer Kunst im Internet. Dabei führt sie in die Welt computergestützter Partizipationsmodelle ein und reflektiert Begrifflichkeiten wie Masse und Crowd, Publikum und »die Anderen«. Im Besonderen geht sie auf verschiedene Formen von unwissentlicher und unfreiwilliger Teilnahme ein und regt zu einer dringend notwendigen Diskussion um die Entwicklung wirksamer Gestaltungsoptionen in einer Zeit enorm schnell fortschreitender Digitalisierungs- und Transformierungsprozesse an.